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„Wer in einem Unternehmen arbeitet, das jedem Mitarbeiter Perspektiven bietet und sich dort wohlfühlt, trägt diese Zufriedenheit weiter. Das macht das Unternehmen attraktiv für andere“, sagt Tobias Keck, Geschäftsführer des Bauunternehmen Bendl.

Kampf gegen Klischees

Warum will eigentlich niemand auf den Bau?

Bericht aus DIE NEWS 01-02/2017.

Das Handwerk tut sich immer schwerer, Auszubildende zu finden. Verantwortlich dafür sind oft Klischees, die längst nicht mehr zutreffen. Viele Unternehmen versuchen mittlerweile, gegen das schlechte Image anzugehen.

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Ein Studium erscheint vielen Jugendlichen attraktiver als eine Ausbildung im Handwerk, doch knapp 30 Prozent der Bachelor-Studenten brechen es ab. „Das Studium war für diese Jugendlichen offensichtlich nicht die richtige Wahl“, sagt Tobias Keck, Geschäftsführer des Bauunternehmens Bendl in Günzburg. „Nicht jedem liegt das theoretische Erlernen eines Berufs. Es macht ihm keine Freude und nimmt ihm die Motivation. Und ich denke, das ist mit das Wichtigste: Der gewählte Beruf muss mit Leidenschaft ausgeübt werden, sonst funktioniert es auf Dauer nicht.“

Zu wenig gesellschaftliche Anerkennung

Bei dem Bauunternehmen Bendl kennt man die Vorurteile, mit denen Bauberufe behaftet sind. „Mit Bauberufen bringt man nach wie vor Dreck, schwere körperliche Arbeit, raue Umgangsformen und einen schlechten Verdienst in Zusammenhang. Sie gelten als Berufe für schlechte Schulabgänger und genießen deshalb keine gesellschaftliche Anerkennung“, sagt Keck. „Dabei stimmen diese Klischees schon längst nicht mehr.

Die Baubranche bietet interessante und anspruchsvolle Berufe, in denen man sich verwirklichen, etwas bewegen und erschaffen kann. Für die schweren Aufgaben gibt es entsprechende Technik und Maschinen, die entlasten. Neue Berufsbilder wie der Baumaschinenführer zeigen das.“ Der Geschäftsführer ist sich mit Hans-Peter Rauch, Präsident der Handwerkskammer Schwaben und im Hauptberuf Metzger, einig, dass das Image von Handwerksberufen dringend besser werden muss und dass dabei die Eltern der Knackpunkt sind.

Sie seien noch in alten Denkschablonen verhaftet und würden das an die Kinder weitergeben. Dabei sei ein Studium keine Garantie für einen guten Arbeitsplatz. Tatsächlich sei zwar die Arbeitslosenquote bei Akademikern sehr gering, aber viele arbeiteten weit unter ihrer Qualifikation. Nur deshalb tauchten sie nicht in der Arbeitslosenstatistik auf. „Handwerksberufe erfahren zu wenig gesellschaftliche Anerkennung“, ist Keck überzeugt. „Dabei braucht fast jeder von uns hin und wieder einen Handwerker.

Wo würden wir leben ohne Handwerker? Wer würde unsere Häuser bauen und sie instand halten?“ Volker Fasbender, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung hessischer Unternehmerverbände (VhU), hat es allgemeiner formuliert: „Wir bilden immer mehr Akademiker aus, deren vorwiegend theoretische Kompetenz wir auf dem Arbeitsmarkt nicht in gleichem Umfang brauchen“, sagte er. Und: „Der gut ausgebildete Facharbeiter ist für eine Industrie und Exportnation gerade in der Entwicklung zur Industrie 4.0 unverzichtbar.“

Mehr Praktiker gefragt

Einige Politiker sehen den Trend zur Akademisierung mittlerweile ebenfalls kritisch. Dr. Georg Nüsslein, MdB, sagt: „Unsere duale Ausbildung in Schule und Betrieb ist keine Ausbildung zweiter Klasse.“ Fakt ist, man braucht nicht so viele Theoretiker wie die Universitäten produzieren, sondern mehr Praktiker, mehr Bäcker, Metzger, Baufachleute, IT-System- Elektroniker und Informatikkaufleute. Doch die werden „mit aller Gewalt an die Universitäten geprügelt“.

Bei Bendl hat man jedenfalls beschlossen, sich gegen den Trend zu stemmen. Das Unternehmen ist eine Schulpartnerschaft mit einer Mittelschule eingegangen. Geschäftsführer Keck hält dort Vorträge vor den Achtklässlern und bemüht sich, ihnen die Perspektiven der Baubranche aufzuzeigen. „Ich versuche den Schülern an meinem Beispiel zu zeigen, dass man nicht studieren muss, um beruflich erfolgreich zu sein.

Obwohl ich nicht studiert, sondern eine Ausbildung zum Industriekaufmann gemacht habe, bin ich heute Geschäftsführer eines erfolgreichen Unternehmens.“ Das Unternehmen präsentiert sich unter anderem beim Azubi-Tag in der Berufsschule, engagiert sich im Arbeitskreis Schule-Wirtschaft, wirbt über die sozialen Medien und lädt Schüler zu Praktika ein.

Doch alle Mühe sei vergebens, wenn die Eltern dem Wunsch ihres Kindes, eine Ausbildung zu machen, ablehnend gegenüberstünden. „Oft haben Eltern keine Vorstellung von den Weiterbildungs- und Verdienstmöglichkeiten eines Handwerkers. Einer unserer Auszubildenden zum Hochbau-Polier hat sich inzwischen zum Hochbautechniker weitergebildet.

Bei unserem Erfolgsrezept duale Ausbildung studieren die Auszubildenden parallel an der Hochschule München Bauingenieurwesen. Ein Facharbeiter kommt auf rund 3.000 Euro brutto, ein Polier verdient mehr als 4.000 Euro brutto. Meister und Techniker verdienen oft besser als Akademiker und sind seltener arbeitslos.

Viele Handwerker machen sich außerdem selbstständig“, sagt Keck. Das Bauunternehmen bietet auch Schülern mit weniger guten Noten eine Perspektive. „Schließlich bedeuten schlechte Noten in der Schule nicht, dass der Schüler weniger intelligent ist als andere und daher nichts kann. In vielen Fällen sind die Schüler in der Praxis sehr stark und ihnen fallen das Rechnen und das Erfassen logischer Zusammenhänge viel leichter.

Hier können sich so einige Theoretiker mit zwei linken Händen eine Scheibe abschneiden. Aktuell kommen zwei unserer Lehrlinge aus einer Förderschule“, sagt der Geschäftsführer. „Letztlich zählt für uns, ob sie mit Leidenschaft dabei sind und das, was sie tun, gerne machen.“

Attraktivität nach außen gewinnen

Zusätzlich betrachtet man bei Bendl das positive Image sowie das attraktive Unternehmensbild als entscheidend für den Erfolg auf dem Ausbildungsmarkt. Die Unterstützung von Vereinen, soziales und kulturelles Engagement und natürlich die Wertschätzung jedes einzelnen Mitarbeiters würden zu einer positiven Wahrnehmung des Unternehmens führen und Auszubildende anziehen.

„Wer in einem Unternehmen arbeitet, das jedem Mitarbeiter Perspektiven bietet und sich dort wohlfühlt, trägt diese Zufriedenheit weiter. Das macht das Unternehmen attraktiv für andere“, sagt Keck.

 

Wie viele interessante Unternehmen die Region hat, wollen jetzt die Handwerkskammer und verschiedene Firmen gemeinsam zeigen. „Uns schwebt vor, uns für einen Tag für die Schüler von fünf Schulen im Landkreis zu öffnen und den Jugendlichen zu zeigen, was wir tun. Dafür möchten wir einen Shuttle-Service einrichten, damit die Schüler auch direkt vor Ort auf den Baustellen Eindrücke gewinnen können“, berichtet Keck.

„Je besser die Schüler einen Beruf kennenlernen, mit denen, die ihn ausüben, sprechen können, desto fundierter wird ihre Berufswahl werden.“